die schule von morgen
ein neues gebäude für die stadtschule in schlüchtern
Mein Konzept beruht auf dem Motto der Stadtschule Schlüchtern „Sich wohlfühlen und etwas leisten“. Damit sich die Schüler an ihrer Schule wohlfühlen können, muss ich mir als Architektin deren Bedürfnissen bewusst machen und für diese durch meine Architektur die optimalen Voraussetzungen schaffen. Dazu habe ich die Bedürfnisse der Schüler über den Tag hinweg mit Hilfe einer Customer Journey verdeutlicht.
Bei meinem Konzept spiele ich dabei oft mit Gegensätzlichkeiten, wie Enge und Weite, Introvertiertheit und Offenheit, Individualität und Gemeinschaft, um so unterschiedliche Raumsituationen zu schaffen.
Auch die Alleinstellungsmerkmale der Stadtschule wie „Freie- Selbständige-Arbeit“, Themenklassen, der Schwerpunkt Musik und die Förderung der persönlichen Stärken und der Selbständigkeit wurden in mein Konzept integriert.
Ruhe
Die meisten Schüler kommen morgens von den umliegenden Ortschaften mit dem Bus in die Stadt. Dies ist mit viel Trubel verbunden, laut und stressig. Außerdem ist die nahe Umgebung der Schule heterogen, sie ist geprägt von unterschiedlichsten Baustilen, Materialien und Farben.
Die meisten Schüler betreten den Schulhof durch den engen Durchgang zwischen dem Altbau und der Aula. Dort eröffnet sich ihnen ein großer rechteckiger Platz. Dieser verkörpert eine halböffentliche, gefasste Weite und steht für Geborgenheit, Schutz und Gemeinschaft. Auch die Architektur der Neubauten, welche an den Platz angrenzen, sollen durch ihre Schlichtheit eine Ruhe ausstrahlen. So werden die Schüler beim Betreten des Schulgeländes aufgenommen und können sich auf den Schultag fokussieren.
Gemeinschaft
Auf dem Schulhof fällt der Blick zur gegenüberliegenden Mensa, dem neuen „Herzstück“ der Schule. Diese übernimmt nun die Rolle der alten Pausenhalle und wird zum Ort der Gemeinschaft. Auch im Hinblick auf eine demokratische Gemeinschaft ist es laut Hubeli et al., (2017, S.124) wichtig, dass jede Schule ein „Herz“ bekommt.
Dort versammeln sich die Schüler morgens vor Schulbeginn, treffen ihre Freunde, frühstücken, können den Lernstoff in der Gruppe oder alleine in den dafür vorgesehenen Selbstlernzentren wiederholen oder in der Schülerbücherei lesen.
Individualität, Identifkation, Introvertiertheit
Zum Unterrichtsbeginn strömen die Schüler aus der Mensa nach Osten in ihre Klassen im Altbau und nach Westen in ihre Klassen im Neubau.
Im Neubau sind jeweils vier Klassen eines Realschuljahrgangs in einem Cluster zusammengefasst. Denn laut Meuser et al. (2014, S. 50) teilen sich bestenfalls jahrgangsweise zwei bis sechs Klassen einen Cluster. Des Weiteren befinden sich ein Differenzierungsbereich, der Lehrerstützpunkt der Klassenlehrer und eigene Toilettenanlagen in einem Cluster. Dadurch steigt laut Hubeli et al. (2017, S. 36) die Verantwortung sowie die Identifkation der Schüler für ihren Bereich. In jedem Cluster sind Computerarbeitsplätze integriert, welche für die Schüler des Clusters frei zugänglich sind. Dadurch fallen die Computerräume weg und es werden Flächen eingespart, indem die Flurzone dafür aktiviert wird. Auch im Hinblick auf die Digitalisierung der Schule in naher Zukunft werden separate Computerräume überflüssig werden, wie es Hubeli et al. (2017, S.48) beschreibt.
Der Cluster ermöglicht durch ausreichend Sichtbeziehung die unterschiedlichsten Raumsituationen, wie es Meuser et al., (2014, S.50) beschreibt, das Lernen in verschiedenen Gruppengrößen bis hin zum ganzen Jahrgang und eignet sich gut für Inklusion wie es Hubeli et al., (2017, S.102) darstellt. Außerdem werden die Ganztagsbereiche in die Cluster integriert. Das bedeutet, dass die Cluster auch nachmittags von den Schülern genutzt werden. So fällt die separate Fläche für den Ganztagsbereich weg und es entsteht eine raumeffiziente Synergie.
Von den Clustern gibt es insgesamt vier Stück mit jeweils vier Klassen in den beiden zweigeschossigen, äußeren Klassenhäusern.
Im mittleren, dreigeschossigen Klassenhaus sind insgesamt sechs Hauptschulklassen im Klassenraum Plus Prinzip untergebracht. Bei dem Tandem-Prinzip teilen sich jeweils die beiden Klassen eines Jahrgangs einen Differenzierungsbereich, welcher zwischen den beiden Klassenzimmern liegt. Wie Hubeli et al., (2017, S.101) beschreibt, wird durch genügend Sichtbeziehungen eine gute Zusammenarbeit mit der anderen Klasse ermöglicht. Angrenzend befindet sich auch hier der Stützpunkt der Klassenlehrer.
In den Clustern und Tandem-Klassen erfahren die Schüler die Gemeinschaft im Kleinen (im Jahrgangs- und Klassenverband), außerdem sollen sie sich mit diesen Bereichen identifzieren und dafür Verantwortung übernehmen, des Weiteren stehen die Bereiche in meinem Konzept für Individualität und Introvertiertheit.
Orientierung
Ein weiteres Bedürfnis der Schüler ist die Orientierung. Die meisten Schüler kommen von Grundschulen aus umliegenden Ortschaften und haben deshalb oft Probleme, sich in einer großen Schule zurechtzufinden. Daher sind die „Fachhäuser“ übersichtlich in einer Reihe unterhalb der Mensa angeordnet. So gelangen die Schüler auf einfache Weise flussabwärts zu ihrem Fachunterricht.
Rückzugsorte
Nischen und Rückzugsorte in der Innenraumgestaltung, durch Aktivierung der Erschließungsbereiche, bilden den Kontrast zur guten Orientierung in der Schule. Dies spielt vor allem bei der Ganztagsbetreuung eine wichtige Rolle, da die Schüler Orte brauchen, an denen sie sich vom Schulalltag regenerieren können.